Soziale Gerechtigkeit durch Besteuerung?

von p83
veröffentlicht von p83 am 01.04.2004
Einführung der Vermögenssteuer, Spekulationssteuer und einheitliche Steuersätze ? aktuelle Forderungen zur Finanzierung sozialer Sicherheit in Abkehr zu den Konzepten des Neoliberalismus.

Doch worin liegt in diesen Forderungen nach einer sozial gerechten Besteuerung deren emanzipatorischer Gehalt oder hat der, der den Kampf um die Umverteilung führt, den Kampf gegen die Falschverteilung längst aufgegeben?

Theoretische Grundlage der Forderungen von attac, Sozialforum, Gewerkschaften und einzelnen Parteien bilden hauptsächlich die geldpolitischen Vorstellungen von John Maynard Keynes. Diese haben zur Grundlage, dass die freie Marktwirtschaft nicht dauerhaft stabil und funktionabel sei, sondern zyklisch in Krisen gerät. Es wird davon ausgegangen, dass in diesen immer wieder kehrenden Krisen der Staat mit öffentlichem Geld Unternehmenstätigkeit stimulieren und teilweise wiederbeleben müsse. Dies geschieht durch eine über Steuern geregelte Umverteilung. Eine Erhöhung der Binnennachfrage - durch Steigerung der Kaufkraft bzw. durch staatliche Investitionen - führe zur verstärkten Investitionen und damit zu einem größeren Angebot - letztendlich zur Gesundung des Marktes.

Der Neobliberalismus, gegen den die soziale Bewegung mit ihren Forderungen zu Felde zieht, verfolgt kein anderes Ziel: ein gleichgewichtiger Markt auf stetig steigendem Niveau. Nur sind deren Protagonisten der Auffassung, dass man dieses am besten erreicht, wenn man das Angebot der Unternehmen selbst durch direkte Subventionen und Steuerentlastungen steigert, um damit Nachfrage zu schaffen.
Weder die Nachfrage- noch die Angebotspolitiker aber stellen das Prinzip der unternehmerischen Wertschöpfung selbst in Frage. Ein gesunder Markt mit gesunden Unternehmen ist Grundlage für den Wohlstand einer Gesellschaft. Die zwangsläufige Folge, die nächste Krise der Unternehmen ist vorprogrammiert und das Eingreifen des Staates macht sich erforderlich.

Genau in diesem Kontext bewegen sich diejenigen, die Spekulations- und Vermögenssteuer zum Heilungsmittel der Krise des Kapitalismus erheben. Nicht die Spekulation selbst ist Gegenstand der Forderung, man solle bloß einen Anteil des Gewinns abgeben. Nicht die Vermögensanhäufung immer zu Lasten anderer soll verhindert werden, sondern nur ein kleiner Bruchteil davon soll in die Kassen der Allgemeinheit fließen.

Und wohin fließen diese dann eingenommenen Gelder. Natürlich zu dem Menschen, die nicht von großen Einkommen, Spekulation und Vermögensanhäufung leben. Diese sollen aber das neu erhaltene Geld wiederum investieren, in den vorweihnachtlichen Kaufrausch einbringen. Nicht etwa, damit es ihnen selbst gut geht, nein, weil die Unternehmen neues Kapital in ihrer Wertschöpfungskette benötigen. Die Folge: neue Gewinne, neues Vermögen, neue Krise.
Auf diesem Wege wird die kapitalistische Wertschöpfung am Leben erhalten, was sie längst nicht mehr wäre, wenn die Politik sie nicht permanent wiederbeleben würde. Vermeintlich als progressive geltende Forderungen, die die Besteuerung zum Gegenstand haben, verhalten sich da nicht anders. Ihr Ziel ist es, ein System am Leben zu erhalten, wenngleich mit anderen Mitteln und mit der Nebenwirkung, dass kurzzeitig tatsächliche Umverteilung stattfindet. Im Rahmen dieser Umverteilung kann sicherlich der Fratze des Kapitalismus ein freundlicheres Antlitz gegeben werden.
Um aber Ausbeutung zu beseitigen, ist das System zu beseitigen.

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